HAPPY NEW EARS - Schinkelhalle Potsdam, 2. Juni 2018

Samstagabend, 2. Juni, 18 Uhr: Eigentlich sollte das Konzert „Happy New Ears“ des Vokalensembles Kammerton jetzt beginnen, doch die Sänger müssen sich in Geduld üben. Der Saal ist zum Bersten gefüllt; es werden noch Stühle aus dem Vorraum hereingeschleppt, während sich die letzten Nachzügler in den Saal drücken. Die Überraschung für den Chor ist perfekt: Es sind weit mehr als die 100 Gäste, mit denen man optimistisch gerechnet hatte – trotz des heißen Sommerwetters, des modernen Programms und des „Ausflugs“ des Berliner Chores in die Potsdamer Schinkelhalle.

Zuletzt geht es dann aber doch los: Der Chor bestreitet das Konzert barfuß und daher fast lautlos; die Auf- und Abgänge bei den Wechseln zwischen Chor und Solist muten dadurch wie Stummfilm-Choreographien an, was viele Besucher fasziniert. Dazwischen entfaltet sich ein ungewohntes, schillerndes Klangszenario: Der Chor folgt in R.M. Schafers Werk „Miniwanka“ einer Quelle auf ihrem Weg zum Ozean und schlägt die Brücke von einem antiken griechischen Hymnos (vorgetragen vom Solisten Rainer Killius) hin zu einer Uraufführung, die auf dem Prinzip des griechischen Tragödienchores fußt. Man lässt sich vom Solisten in die Straßenklang-Sphäre eines italienischen Städtchens entführen und lauscht erstaunt den Wespen und Nachtigall-Rufen, die er mit seiner Stimme erschafft, nur um sich im nächsten Moment im Wohnzimmer von J. Cage wiederzufinden, wo zwei Quartette zeigen, dass man eigentlich mit allem Musik machen kann – auch mit Koffern, Brotdosen und leeren Heftklammer-Apparaten. Die Musik ist ungewohnt, ungewöhnlich, manchmal auch unerhört – und das Konzert ein riesiger Erfolg.

Rückblende, zwei Wochen vorher: Der Chor trifft sich für eine offene Probe – Zuhörer sind ausdrücklich erwünscht. Diese Probe ist Teil des Fundraising-Konzepts für das Konzert, denn die Unterstützer des Chores können hier ganz konkret sehen, wie ihr Geld das Konzert verändert: Sie lernen den Solisten Rainer Killius und den Körpercoach Mathis Kleinschnittger bei der Arbeit kennen und erfahren im Gespräch mit dem Komponisten Justin Lépany, was ihn bei seiner Komposition bewegt. In der Pause gibt es dann noch die Möglichkeit, direkt eine Förderkarte für das Konzert zu erwerben – inclusive einer Platzreservierung und einer kleinen Knabberei für das Glas Wein danach.

Ohne die finanzielle Förderung des Chorverbands Berlin und die Unterstützung privater Spender hätte das Konzert nicht stattfinden können. Doch trotz all der zusätzlichen Arbeit und Eingewöhnung, die dieses Konzert und seine Vorbereitung für den Chor bereithielten, fällt das Fazit bei den Sängerinnen und Sängern einhellig aus: Es hat sich gelohnt, Neues zu wagen – überall gibt es „happy new ears“.

 

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Vorbereitung
Konzert